Die vierte Wende in der Erfahrung war die Entdeckung der Selbstreflexion. Während der Mythos anonym sprach, präsentiert die Wende zur Selbstreflexion die neue Erfahrung des individuellen Selbst.

Die Wende zur Selbstreflexion

Der Prophet Zarathustra war der erste, der diese neue Erfahrung explizit in Worte faßte. Mit der Selbstreflexion wendet sich der Fokus des Bewußtseins explizit von außen nach innen, zum Selbst. Im Mittelpunkt des neuen Paradigmas standen die Methode der Selbstbeobachtung und des verantwortlichen Handelns, die Konzepte der Wahrheit, der Wahrhaftigkeit und des freien Willens. In seinen Schriften, den Gathas, beschrieb Zarathustra nicht nur Methoden, um seinem Paradigma zu folgen. Es gelang ihm auch, seine Lehren und Methoden zu institutionalisieren. Die Propheten Israels folgten seinem Beispiel.

Die autoritative Persönlichkeit

part 4 of 9 turns in the history of experience = self-reflection

Mit der reflexiven Wende änderte sich auch das Selbstverständnis der Menschen: Der Typus der autoritativen Persönlichkeit entstand. Zum ersten Mal wurde der Mensch damit zum aktiven Partner im Prozeß der Geschichte. Neben den Propheten, dem ägyptischen Pharao Echnaton, Buddha und den Lehrern der Upanishaden repräsentieren auch die Philosophen Griechenlands und Chinas den neuen Persönlichkeitstypus

Politische Folgen

Gleichzeitig änderte sich die Vorstellung von der gesellschaftlichen und geschichtlichen Existenz ebenso wie das Konzept der politischen Ordnung. Während in der kosmologischen Mythologie der Höhepunkt der Zeit im Moment der Schöpfung lag, wurde nun die Ankunft des Propheten bzw. das Wirken der autoritativen Persönlichkeit zum Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Die Verbreitung der Wahrheit wurde zum Hauptmotiv des religiösen Handelns, und die Ausweitung der Macht zur Hauptaufgabe der politischen Praxis. Das expansive Imperium, wie Persien zur Zeit Darius des Großen, und seine imperiale Ideologie waren das politische Äquivalent der prophetischen Botschaft.


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